Fagus-Werk

Das Fagus-Werk ist am 25.6.2011 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt worden. 

„Unser Reichtum sind nicht unsere Maschinen und Gebäude, sondern das Wissen und das Können und die Einsatzbereitschaft unserer Mitarbeiter”. (Carl Benscheidt, 1911)

Ebenfalls 1911 beauftragte Benscheidt den seinerzeit weitgehend unbekannten Architekten Walter Gropius mit der Errichtung einer Schuhleistenfabrik, die neben ihrer Funktionalität als Industriebau vor allem auch den Belangen der Mitarbeiterschaft Rechnung tragen sollte. Diese Entscheidung belegt Benscheidts Überzeugung, dass weitsichtiges und innovatives unternehmerischen Handeln gekoppelt werden muss mit einer Hinwendung zu sozialen Fragestellungen. Zugleich konnte Gropius seine Vision von der Zukunft der Arbeit und Architektur Gestalt verleihen. Entstanden ist ein lichtdurchfluteter architektonisch kühner Bau, der weltweit eine Novität darstellte. Auch heute, 100 Jahre später, wirkt das Gebäude modern und zeitgemäß. Es gilt als erster Industriebau der Moderne und hat, bereits vor der Klassifizierung als Weltkulturerbe, weltweite Berühmtheit erlangt.
Alfeld ist somit einer der Geburtsorte des Bauhausstils. Zahlreiche Bauten des Architekten Walter Gropius finden sich in Alfeld und der näheren Umgebung. Das bekannteste ist zweifellos das Fagus-Werk, welches in den Jahren 1910-15 nach den Plänen des damals noch jungen Walter Gropius entstand. Dieser Fabrikbau gilt als richtungsweisendes Werk der modernen Architektur. 
Noch heute führen die Nachfahren des Fabrikgründers Carl Benscheidt das mittelständige Unternehmen und produzieren in dem kontinuierlich und mit viel Liebe restaurierten Denkmal. 
In Zusammenarbeit mit dem südniedersächsischen Museumsverbund, dem Ministerium für Wissenschaft und Kultur, sowie externen Fachberatern ist in den letzten Jahren eine bemerkenswerte Ausstellung entstanden. Auf insgesamt 3000m² Ausstellungsfläche, verteilt auf elf Etagen, sind im ehemaligen Lagerhaus von der Enstehungsgeschichte des Werkes über moderne Massivholzverarbeitung bis hin zur Schuhmode des vergangenen Jahrhunderts unglaublich vielschichtige Exponate zu sehen - ebenso wie ständig wechselnde Kunstausstellungen.

 

 

Fagus-Werk ist Weltkulturerbe


35. Tagung des UNESCO-Welterbekomitees - Pressemitteilung der UNESCO

Das UNESCO-Welterbekomitee hat auf seiner 35. Tagung in Paris heute das Fagus-Werk in die Liste des Kultur- und Naturerbes der Welt aufgenommen. Die Fabrikanlage im niedersächsischen Alfeld gilt als Ursprungswerk der modernen Industriearchitektur.
Das Gebäude der Fagus GmbH war der erste große Bau des jungen Walter Gropius und späteren Stararchitekten des Bauhauses. Im Jahr 1911 beauftragte der Industrielle Carl Benscheidt den damals noch nicht einmal 30-jährigen Architekten Walter Gropius und seinen Mitarbeiter Adolf Meyer mit dem Bau seiner neuen Schuhleisten-Fabrik in Alfeld. Benscheidt bewies durch sein Vertrauen in Gropius’ moderne Auffassung von Architektur ein gutes Gespür, denn die Fabrik stellt rückblickend das Manifest der "Neuen Sachlichkeit" dar.
Mit der Konstruktion aus Glas und Stahl und den stützenlosen, vollständig verglasten Ecken, die zum Markenzeichen des Neuen Bauens wurden, verlieh Gropius dem dreistöckigen Fassadengebäude seine schwerelose Eleganz, die damals für Fabriken außergewöhnlich war. Das Fagus-Werk veranschaulicht die revolutionierenden Ideen von Gropius. Er prägte mit seinem Erstlingswerk eine neue Stilrichtung und ebnete damit der Architektur der Moderne den Weg. Der funktionalistische Industriekomplex wurde in drei Bauabschnitten von 1911 bis 1925 errichtet, eine letzte Erweiterung wurde 1938 von Peter Neufert ausgeführt.
Die Architektur der einzelnen Gebäude passt sich deren Funktion an. So ist das Lagerhaus ein solider Steinbau, während die Werkstatt durch große Glasfronten eine helle und somit zum Arbeiten optimale Umgebung schafft. Gropius' Architektur mit stützfreien Ecken, die nur mit Glas verhängt sind, markieren den Beginn der modernen Skelettbauweise.
Aufgrund industrieller Innovationen und neuer Technologien wurden die insgesamt zehn Fabrikkomponenten im Laufe der letzten 100 Jahre teilweise renoviert und umgenutzt. Da das Gelände schon seit 1946 ein eingetragenes Baudenkmal ist, wurden die Umbauten nach Gropius' stilistischen Vorgaben und mit entsprechenden Materialien ausgeführt.
Der Name der Fabrik leitet sich aus dem lateinischen Wort "Fagus" für Buche bzw. Buchenholz ab. Aus diesem Material wurden – bis zum Umstieg auf Kunststoffe in den 1970er Jahren – die Schuhleisten hergestellt. Auch im Jahr des 100. Jubiläums werden im Fagus-Werk heute noch Schuhleisten produziert.